Völlig losgelöst!

Ein Zusammenspiel aus taktischer Finesse und individueller Klasse

Der deutschen Nationalmannschaft gelang beim gestrigen Europameisterschafts-Eröffnungsspiel gegen Schottland in der Münchner Allianz Arena der fast makellose Traumstart. Trotz der ohnehin klar verteilten Rollen, die Deutschen als Favorit und die Schotten als gefährlicher Underdog, konnte das Team von Julian Nagelsmann positiv überraschen. Auf einen 5:1 Sieg der deutschen Nationalelf rund um Kapitän Ilkay Gündogan tippten wohl eher die wenigsten, was nicht zuletzt an der in der Regel eher schwachen Chancenverwertung lag. Wie dieser beinahe perfekte Turnierstart gelingen konnte, lesen Sie hier. 

Taktische Dominanz

Im Artikel „Die Mannschaft“ gingen wir bereits auf die Variabilität des Systems der deutschen Mannschaft unter Julian Nagelsmann ein. Gerade im Spiel gegen die Schotten wurde diese Variabilität zu dem ausschlaggebenden Faktor der deutschen Dominanz. Dabei war es vorhersehbar, was auf den tiefen Block der Schotten zukommen würde. Taktisch ließ sich die klassische Nagelsmann-Spielphilosophie erkennen.

Die deutsche Mannschaft wusste genauestens mit dem tiefen Block der Schotten im 5-4-1 umzugehen. Der schottischen Nationalmannschaft gelang es über 90 Minuten nicht ein einziges Mal ernstzunehmenden Druck in der Defensivarbeit aufzubauen. Das deutsche Team wechselte fließend zwischen dem gewohnten 4-2-3-1 mit den flachstehenden Außenverteidiger und einem 3-1-5-1, in welchem die Außernverteidger Maximilian Mittelstädt und Joshua Kimmich dann bis auf die vorletzte Ebene in breiter Position vorrückten während Toni Kroos als einer von insgesamt zwei Sechsern diametral abkippte und den Spielaufbau leitete. Die einzige schottische Spitze Ché Adams war dadurch im alleinigen Anlaufen machtlos. Über die Flügel erhielt er wenig Unterstützung, da die breit hochschiebenden Außenverteidiger des deutschen Teams sie vor die Entscheidung stellten entweder die Kompaktheit des Zentrums aufzugeben, um die Breite und Tiefe mitzugehen, die Außenbahnen aufzugeben, um das Zentrum unterstützend zu sichern oder als letzte Option, als Himmelfahrtskommando in ein aggressives Pressing zu gehen. 

Musiala und Wirtz fanden immer wieder Raum im Halbfeld zwischen den zentralen Mittelfeldspielern, Halb- und Außenverteidigern. Dadurch gelang es ihnen regelmäßig, Zuordnungsprobleme bei der gesamten schottischen Verteidigung zu verursachen. Gündogan nutzte immer wieder unorganisierte Momente der gegnerischen Defensive und bewegte sich, häufig mit gegenläufiger Bewegung zu Stürmer Kai Havertz, zwischen den Linien. Der viel kritisierte Kai Havertz bewies sich wiederum als richtige Entscheidung Nagelsmanns in seiner Startelf. Durch seine Spritzigkeit und seine Laufbereitschaft wird er zum Perfect-Match im taktischen System.

Es war aber nicht nur das System an sich, das die Deutschen gestern überraschender fünfmal jubeln ließ. Es war die Souveränität und Sicherheit, mit der das deutsche Team die taktischen Spielprinzipien umsetzte, die dann wiederum Faktor der deutschen Dominanz im Auftaktspiel gewesen ist.

 

Individuelle Spitzenklasse

Neben den taktischen Prinzipien war es jedoch auch die individuelle Klasse, mit der die Nationalmannschaft punkten konnte. Ein ruhiger Abend für Manuel Neuer im deutschen Tor, mit Ausnahme eines Reflex-Kopfballs Antonio Rüdigers, der aber gemeinsam mit Jonathan Tah eine grundsichere Innenverteidigung aufbaute. Dynamisch-aktive Außenverteidiger als Schienenspieler die immer wieder gefährliche Flanken von der Außenbahn und aus den Halbräumen heraus schlugen. Ein gewohnt ballsicherer Toni Kroos mit einer unglaublichen Passquote von 99% (101 von 102 Pässen erfolgreich). Ein aggressiver Robert Andrich. Wuselige Youngsters Jamal Musiala und Florian Wirtz und die top abgestimmte zentrale Offensive aus Ilkay Gündogan und Kai Havertz konnten auf ganzer Linie überzeugen. Auch von der Bank kamen nur verstärkende Kräfte. Niklas Füllkrug und Emre Can durften sich sogar mit jeweils mit einem Tor belohnen. Pascal Groß ersetzte Robert Andrich eins zu eins, Leroy Sané setzte offensiv mehrfach Akzente und Thomas Müller ließ das Stadion allein durch seine Präsenz nochmal richtig beben. 

 

Alles in Allem ein mehr als gelungener Auftritt der deutschen Nationalmannschaft, der ohne Zweifel Lust auf mehr macht.

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