Internationale Turniere der Nationalmannschaft und insbesondere eine Europameisterschaft im eigenen Land bringen Freunde und Bekannte zum gemeinsamen Schauen der Spiele der deutschen Mannschaft zusammen. Während Fußballkenner und -kennerinnen das Spielgeschehen mit geschultem Auge verfolgen und sich vielleicht schon über komplexe Taktiken oder das spezielle Verhalten eines Spielers austauschen, stellen Fußballanfänger und -anfängerinnen oft ganz grundlegende Fragen. „Wer ist eigentlich dieser Musiala?“ oder „Was denkt sich der Nagelsmann da?“ sind typische Beispiele für solche neugierigen Nachfragen. Diese Fragen öffnen die Tür zu einem tieferen Verständnis des Spiels und ermöglichen es, an der Faszination Fußball teilzuhaben. Um bei der nächsten Expertenrunde nicht nur passiv zuzuhören, sondern auch mit fundiertem Fachwissen zu glänzen, bieten wir hier eine umfassende Einführung in die grundlegendsten Fragen der Europameisterschaft 2024. Von den wichtigsten Spielern über die Taktiken bis hin zu den Hintergründen der Trainerentscheidungen – wir liefern die Antworten, die Sie benötigen, um selbstbewusst mitreden zu können und das Fußballerlebnis noch intensiver zu genießen.
Wer ist „Die Mannschaft“?
„Die Mannschaft“ ist der Spitzname für die deutsche Nationalmannschaft, der sich während der erfolgreichen WM 2014 in Brasilien etabliert hat. Um das nächste Mal immerhin schonmal die Namen der Spieler des deutschen Kaders gehört zu haben, wird jeder Einzelne kurz mit spannenden Hintergrundinformationen vorgestellt. Fangen wir mit der Startaufstellung an, da sich diese voraussichtlich im Laufe des Turniers nicht großartig ändern wird (dazu später mehr unter „Was denkst sich der Nagelsmann da?“)
Manuel Neuer - der vielleicht beste Torhüter der Welt - sollte selbst Fußballanfängern und -anfängerinnen ein Begriff sein. Der Wechsel des mittlerweile 38-Jährigen vom FC Schalke 04 zum FC Bayern München sorgte damals für viel Furore und Aufregung unter den Schalkefans. Das Torwartspiel hat er durch seine mitspielende Art und Weise revolutioniert und entscheidend geprägt. Sein Ersatzmann ist Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona. Nach Neuers Horrorverletzung beim Ski-Fahren abseits der Piste und der damit verbundenen langen Ausfallzeit rechnete sich ter Stegen bestimmt Chancen auf den Platz zwischen den Pfosten bei der Heim-EM aus. Nagelsmann musste ihn jedoch enttäuschen und entschied sich für Manuel Neuer. Auf dieser Position sollte es also zu keinen Problemen kommen, denn zwei der fünf besten Torhüter der Welt befinden sich im Kader der deutschen Nationalmannschaft.
Unsere neue Viererkette in der Abwehr - dazu gehören Maximilian Mittelstädt (VfB Stuttgart), Jonathan Tah (Bayer 04 Leverkusen), Antonio Rüdiger (Real Madrid) und Joshua Kimmich (FC Bayern München). Der 27-jährige Maxi Mittelstädt ließ sich wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr selbst nicht träumen, dass er nun auf der Linksverteidigerposition in der Nationalmannschaft gesetzt wird. Vor seinem Wechsel zum VfB Stuttgart stieg er nämlich mit seinem Jugendverein Hertha BSC aus der Bundesliga ab. Mittlerweile konnte er gegen Schottland sein fünftes Länderspiel machen und dabei bereits ein (Traum-)Tor erzielen. Jonathan Tah spielt die bislang beste Saison seines Lebens. Der 28-jährige geborene Hamburger gewann mit Leverkusen das Double (Double = Deutscher Meister + DFB-Pokal Sieg). Nachdem er bereits 2016 im Alter von 20 Jahren sein Debut für die deutsche Nationalmannschaft gab, konnte er sich nie wirklich festsetzen in der Mannschaft. So kommt es auch, dass er im Eröffnungsspiel das erste Mal bei einem großen Turnier für Deutschland auf dem Platz stand. Ein ziemlich ähnliches Bild werden viele von Antonio Rüdiger haben. Der geborene Berliner lief nur für den VfB Stuttgart in der deutschen Bundesliga auf und ist seit der Saison 2015/16 im Ausland tätig. Von Rom über Chelsea London brachte ihn sein Weg zu Real Madrid. Dort konnte der 31-Jährige diese Saison bereits zum zweiten Mal in seiner Karriere die UEFA Champions League gewinnen. Er zeichnet sich vor allem durch seine enorme Zweikampfstärke und Manndeckerqualität aus. Vervollständigt wird unsere Abwehrreihe von Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger. Der achtfache deutsche Meister ist der dritte Spieler aus der Abwehr, der ebenfalls eine Vergangenheit beim VfB Stuttgart hat. Als gelernter RV zog es ihn beim FC Bayern München in das zentrale Mittelfeld. Dort spielte er auch im Laufe dieser Saison oft, bevor er die letzten Spiele auf seiner ursprünglichen Position als rechter Außenverteidiger eingesetzt wurde. Die Kimmich-Frage um seine Position in der Nationalmannschaft sorgte bereits bei den letzten Turnieren für viel Diskussionsstoff. Nun scheint es so, als hätte Nagelsmann das Problem gelöst bekommen und alle Parteien sind damit zufrieden, wie es jetzt ist. Kimmichs Stärken liegen neben seiner Vielseitigkeit vor allem in seiner Spielintelligenz und dem dazugehörige Aufbauspiel. Außerdem wird er oft als „Mentalitätsmonster“ bezeichnet und kann eine Mannschaft auch durchaus führen. Mittlerweile kommt er auch schon auf 87 Länderspiele.
Die Doppelsechs – Toni Kroos und sein Bodyguard. Toni Kroos ist einer der erfolgreichsten und besten Fußballer, die Deutschland jemals hatte. Der 34-Jährige wird nach der EM seine aktive Karriere als Profifußballer beenden und konnte zum Abschluss seiner Zeit bei Real Madrid zum 6. (!) Mal die Champions League gewinnen. Kein anderer Spieler konnte diese Trophäe je öfter gewinnen. In zehn Jahren bei den Königlichen in Madrid kam er auf insgesamt über 450 Spiele, unzählige Titel und war ein wichtiger Bestandteil der zeitweisen besten Mannschaft der Welt. Seine große Stärke ist definitiv sein Passspiel. Im Eröffnungsspiel hatte er eine erfolgreiche Passquote von 99%. Das heißt, er hat 102 Pässe im gesamten Spiel gespielt, von denen 101 beim Mitspieler angekommen sind. Sollte man im Spiel erkennen, dass die Nummer acht der Deutschen einen Fehlpass spielt, kommt ein „das ist aber ungewöhnlich“ oder ein „sowas passiert Kroos doch normal nie“ immer gut und zeigt, dass man über die Stärken von Toni Kroos bestens Bescheid weiß. Dass Kroos überhaupt nochmal für die Nationalmannschaft die Schuhe schnürt, ist bemerkenswert, trat er doch nach der großen Enttäuschung 2018 in Russland, als man als amtierender Weltmeister in der Gruppenphase bereits ausschied, zurück. Nagelsmann konnte ihn von seiner Idee Fußball zu spielen überzeugen und eine Europameisterschaft im eigenen Land als letztes Turnier einer so großen Karriere scheint auch kein schlechter Abschluss zu sein. Man stelle sich vor er beendet seine Karriere als Champions League Sieger UND Europameister… Sein Partner an der Seite im Mittelfeld ist der 29-jährige Robert Andrich. Auch er kommt aus einer sehr erfolgreichen Club-Saison mit Bayer Leverkusen, mit denen er die ungeschlagene deutsche Meisterschaft feiern konnte. Ähnlich wie bei Maxi Mittelstädt hat sich die Berufung in die Nationalmannschaft vor dieser Saison kaum bis gar nicht angekündigt. Seitdem Julian Nagelsmann als Trainer an der Seitenlinie steht, konnte Andrich sechsmal für die Nationalmannschaft auflaufen. Was hat es mit dem „Bodyguard“ zu tun? Insgesamt fungiert Robert Andrich als eine Art Schutzschild, das Toni Kroos die Freiheit gibt, seine herausragenden Fähigkeiten im Spielaufbau und seine strategischen Fähigkeiten voll zu nutzen, ohne sich ständig um die defensiven Aspekte des Spiels kümmern zu müssen. Diese dynamische Zusammenarbeit stärkt das gesamte Mittelfeld und macht die Mannschaft insgesamt stabiler und effektiver. Sollte Andrich nicht spielen wird er wahrscheinlich durch Pascal Groß ersetzt. Der 33-Jährige war bzw. ist vielen deutschen Anhängern kein wirklicher Begriff. Nachdem er lange beim FC Ingolstadt unter Vertrag stand, läuft er mittlerweile in England für Brighton auf und läuft dort definitiv unter dem deutschen Durchschnittsradar. Anders als Mittelstädt und Andrich wurde er bereits von Hansi Flick, dem Vorgänger von Nagelsmann an der Seitenlinie, in das deutsche Aufgebot berufen (acht Einsätze). Eine weitere Alternative im Mittelfeld wäre der Durchstarter dieser Saison vom FC Bayern gewesen – Aleksandar Pavlovic. Der 20-Jährige konnte sich in der vergangenen Spielzeit im Mittelfeld des deutschen Rekordmeisters festspielen und kam so auf 19 Bundesliga- und 3 Champions League Einsätze. Eine Mandelentzündung machte ihm nun kurz vor der Reise in das Trainingscamp nach Herzogenaurach einen Strich durch die Rechnung und Nagelsmann entschied sich für eine Nachnominierung von Emre Can anstelle des jungen Pavlovic. Dennoch ist Nagelsmann davon überzeugt, dass Aleks eine große Zukunft in der Nationalmannschaft bevorsteht. Vom Strand zur EM hieß es stattdessen für Emre Can. Nach der Finalniederlage in der Champions League mit dem BVB (Borussia Dortmund) ging es für ihn in den Urlaub, um vor der neuen Saison den Kopf freizubekommen. Darauf wird er nun liebend gerne verzichten, um Teil der Heim-EM sein zu können. Can zeichnet sich vor allem durch seine robuste und körperliche Spielweise aus, ist also der dritte Bodyguard im Bunde.
Die Kreativen – Wusiala und der Kapitano. Jamal Musiala und Florian Wirtz (beide 21) sind die größten deutschen Talente, die wir aktuell haben und werden oft als „Wusiala“ bezeichnet, eine Mischung der Namen der beiden Spieler mit dem zusätzlichen Einfluss des Wortes „wuselig“. Der Spitzname steht auch gleichzeitig für ihre Verbindung auf dem Platz. Beide bringen eine gewisse Jugendlichkeit sowie eine enorme Unberechenbarkeit mit in das deutsche Spiel. Sie brauchen beide ihre Freiheiten im Spiel mit dem Ball, um ihre Stärken optimal einsetzen zu können. Auch für Fußballexperten und -expertinnen ist das Zusammenspiel der beiden gepaart mit deren Ballbehandlung ein Augenschmaus und lässt die Liebe für diesen Sport immer wieder aufflammen. Der „Leiter“ der beiden jungen Wilden ist auch gleichzeitig der Kapitän der Nationalmannschaft – Ilkay Gündogan. Der 33-Jähirge wurde mit Dortmund deutscher Meister, bevor er sich für einen Wechsel auf die Insel nach England zu Manchester City entschied. Dort kam er in 300 Spielen auf knapp 100 Scorerpunkte (Scorer = Tore & Torvorlagen). Seit der letzten Saison steht er für den FC Barcelona unter Vertrag. Seine Stärken hat Gündogan durch sein taktisches Verständnis mit sowie auch gegen den Ball. İlkay Gündoğan ist ein kompletter Mittelfeldspieler, der durch seine Spielmacherqualitäten, sein taktisches Verständnis und seine Vielseitigkeit eine zentrale Rolle im deutschen Team spielt. Seine Fähigkeiten, das Spiel zu lenken, Chancen zu kreieren und gleichzeitig defensiv stabil zu bleiben, machen ihn zu einem unverzichtbaren Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft. In Gesprächsrunden sorgt die Aufstellung Gündogans dennoch oft für Diskussionsbedarf, da ihm vorgeworfen wird, bei der Nationalmannschaft nicht so zu performen, wie bei seinen Vereinen. Mit dieser Diskussion sind wir dann auch gleich bei möglichen Ersatzspielern für diese Position. Mit Leroy Sane (FC Bayern München) hätte Nagelsmann eine Option für die Flügelposition. Dann müsste Musiala oder Wirtz das Zentrum besetzen. Sane hatte diese Saison immer wieder mit Muskelverletzungen zu kämpfen. War er beispielsweise bei den letzten Spielen auf Vereinsebene in der Halbzeit nicht mit in der Kabine, sondern hielt sich mit dem Athletiktrainer auf dem Rasen warm, um die sowieso angeschlagenen Muskeln nicht abkühlen zu lassen. Durch sein hohes Tempo und seine enorme Dribbelstärke ist er auf jeden Fall eine Waffe im deutschen Spiel, die Nagelsmann jederzeit von der Bank aus einwechseln kann. Eine weitere Option ist Routinier Thomas Müller. Er ist ein außergewöhnlicher Spieler, dessen Stärken weit über seine technischen Fähigkeiten hinausgehen. Seine Spielintelligenz, Abschlussstärke, Vielseitigkeit und Führungsqualitäten machen ihn zu einem unverzichtbaren Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft und seines Vereins, Bayern München. Er verkörpert den modernen Fußballer, der sowohl individuell brillieren als auch im Teamverbund herausragende Leistungen erbringen kann. Dabei ist er sowohl auf dem Platz als auch in der Kabine wichtig für die Stimmung im Team. Mittlerweile kommt der gebürtige Bayer auf über 700 Spiele für den FC Bayern München.
Klassische Neun oder mitspielender Stürmer? Bei der Besetzung der letzten Position in der Sturmspitze hat Nagelsmann unterschiedliche Spielertypen zur Auswahl. Kai Havertz (25) ist der aktuell gesetzte Stürmer im deutschen Spiel. Er ist ein sehr spielintelligenter Stürmer, der sich auch oft fallen (im Spiel nach hinten, nicht auf den Boden) lässt, um Räume freizuziehen und selbst eine Bindung zum Spiel zu haben. Nice to know: Havertz schoss im Champions League Finale 2020/21 das entscheidende Tor für den FC Chelsea zum 1:0. Seit der letzten Saison spielt er zwar noch in derselben Stadt, wechselte aber den Verein innerhalb und steht beim FC Arsenal London unter Vertrag. Sein Konkurrent ist Niclas Füllkrug. Füllkrug ist in gewisser Art und Weise ein Spätzünder. Bis zur Saison 23/24 hatte er weder internationale Erfahrung auf Vereinsebene noch in der A-Nationalmannschaft. Durch seine enorme Abschlussqualität spielte er sich in die Nähe der Nationalmannschaft und wurde schlussendlich für die WM in Katar nominiert. In bislang 17 Länderspielen konnte er bereits zwölf Tore erzielen, was für seine enorme Abschlussstärke spricht. Im Vergleich zu Havertz ist er ein klassischer Stürmer, der Bälle festmachen kann und sehr empfänglich für Flanken auf seinen Kopf ist. Mit Deniz Undav gibt es einen weiteren Spätzünder, der eine herausragende Saison beim VfB Stuttgart gespielt hat. Neben der Viezemeisterschaft in der Bundesliga konnte er sich über 18 Tore und zehn Torvorlagen freuen. Deniz Undav ist ein vielseitiger und robuster Stürmer, der durch seine Torinstinkte, körperliche Stärke und Spielintelligenz besticht. Seine Fähigkeit, sich in verschiedenen Spielsituationen durchzusetzen, sowie seine technische Fertigkeit und Beweglichkeit machen ihn zu einem wertvollen Spieler für jede Mannschaft. Auch seine Unbekümmertheit kann der deutschen Mannschaft auf und neben dem Platz guttun. Mit Maximilian Beier gibt es ein weiteres 21-jähriges Talent im deutschen Kader. Bei seinem bisher einzigen Spiel für die Nationalmannschaft brachte er frischen Wind und Torgefahr mit auf den Platz, was ihn zur vierten Option im Sturm macht. Nagelsmann hat also die Qual der Wahl, wird aber wohl von Beginn an eher auf Havertz oder Füllkrug setzen.
Wer trainiert „Die Mannschaft“? Julian Nagelsmann, 36 aus Landsberg am Lech. Nach seiner ersten Station als Cheftrainer in der ersten Bundesliga bei der TSG aus Hoffenheim wechselte er zu RB Leipzig. Von dort zog es ihn zum FC Bayern München, bevor er in der vorletzten Saison durch Thomas Tuchel ersetzt wurde. Nach einer kurzen Pause entschied er sich für das Projekt mit der deutschen Nationalmannschaft und verlängerte bereits vor der EM seinen Vertrag bis zum Ende der nächsten Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Kanada und Mexico.
Was denkt sich der Nagelsmann da?
Die Frage "Was denkt sich der Nagelsmann da?" bezieht sich auf die Gedanken und Entscheidungen, die Julian Nagelsmann als Trainer der deutschen Nationalmannschaft während der aktuellen Europameisterschaft trifft. Julian Nagelsmann hat in Interviews betont, wie wichtig es ist, die taktische Ausrichtung der Mannschaft an die jeweiligen Gegner anzupassen: „Wir analysieren jeden Gegner gründlich und überlegen, welche Formation am besten geeignet ist, um unsere Stärken zu betonen und die Schwächen des Gegners zu nutzen." Dabei geht es darum, die Spieler aufzustellen, die mit ihren Stärken optimal in den Matchplan passen. Gegen tief, also am eigenen Strafraum, verteidigende Gegner gibt es sowohl Argumente für Havertz als technisch starken Spieler im Sturmzentrum als auch für Niclas Füllkrug, der eher bei Flanken seine Stärken ausspielen kann. Entscheidet sich Nagelsmann für eine der beiden Varianten, hat er immernoch die andere Option als Auswechselspieler auf der Auswechselbank. Zugleich denkt er intensiv darüber nach, wie er die Spieler optimal rotieren lassen kann, um die Fitness zu erhalten und die bestmögliche Leistung in jedem Spiel zu gewährleisten: „Es geht darum, die Belastung auf die Spieler zu verteilen und dabei die Leistungsfähigkeit des gesamten Teams im Blick zu behalten." Je nach Spielverlauf bedeutet dies, dass beispielweise bei einer hohen Führung Spieler, die normal immer viel spielen, ausgewechselt werden, um die Kräfte nicht unnötigerweise aufzubrauchen. Auch gelbe Karten im Spielverlauf können zu Auswechslungen führen, um den Spieler nicht durch einen Platzverweis für das nächste Spiel zu verlieren. So wurde zum Beispiel Kroos Bodyguard Nummer 1, Robert Andrich, zur Halbzeit im Eröffnungsspiel ausgewechselt, da er bereits eine gelbe Karte gesehen hatte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Nagelsmanns Überlegungen zur mentalen Vorbereitung der Spieler: „Die EM ist ein intensives Turnier. Es ist wichtig, dass die Spieler mental stark sind und wir die Teamchemie stärken, um als Einheit auftreten zu können." Bei der Nominierung des Kaders war es Nagelsmann wichtig, dass er formstarke Spieler nominiert. Ihm war außerdem eine Mischung aus Erfahrung und befreitem Auftreten wichtig. Robin Gosens, vor kurzem noch Nationalspieler, hat beispielsweise eine schwierige Saison mit Union Berlin hinter sich und wurde deshalb nicht von Julian Nagelsmann in den Kader berufen.
Julian Nagelsmann betont auch die Bedeutung der Kommunikation im Team: „Wir arbeiten eng zusammen, um sicherzustellen, dass die taktischen Vorgaben klar sind und jeder Spieler seine Rolle versteht." Er steht als Trainer vor vielen komplexen Entscheidungen und Überlegungen, die das Wohl und den Erfolg des deutschen Teams bei der EM beeinflussen können. Seine Gedanken zielen darauf ab, das Beste aus dem Kader herauszuholen, die richtigen taktischen Entscheidungen zu treffen und die Mannschaft sowohl physisch als auch mental optimal auf die Herausforderungen des Turniers vorzubereiten.
Holen wir den Pokal?
Wahrscheinlich eine der meistgestellten Fragen in sämtlichen Diskussionsrunden: Werden wir Europameister? Um auch hier optimal vorbereitet zu sein, schauen wir uns die aktuelle Ausgangslage an.
Gewinnt Deutschland die nächsten beiden Spiele gegen Ungarn und die Schweiz, spielen sie als Gruppensieger der Gruppe A gegen den Gruppenzweiten aus der Gruppe C. In Gruppe C befinden sich England, Dänemark, Serbien und Slowenien. Als einer der Topfavoriten kann man fast davon ausgehen, dass England diese Gruppe gewinnen wird. Ist dies der Fall, würde man den Three Lions (Spitzname englische Nationalmannschaft) bis zu einem möglichen Finale aus dem Weg gehen. Auch Frankreich würde man bis zum Finale in Berlin meiden, gewinnen beide Mannschaften ihre Gruppe.
Geht man davon aus, dass Deutschland in der Gruppe nur zweiter wird, würde man gegen den zweiten aus der Gruppe mit Spanien, Italien, Kroatien und Albanien spielen. Außerdem wäre man dann auf der anderen Seite des Turnierbaums sein, was den Weg ins Finale deutlich erschweren könnte.
Natürlich gibt es den berühmten Satz „wenn du den Titel holen willst, musst du gegen jeden Gegner gewinnen.“ Dennoch kann man sich als Mannschaft den Weg dorthin deutlich einfacher gestalten. Im Optimalfall gewinnt man „nur“ sechs Spiele am Stück und steht dann mit dem Pokal da.
Im nächsten Gruppenspiel wird es spannend zu sehen sein, wie man gegen physisch starken Ungarn das eigene Spiel wie gegen Schottland durchbringen kann. Im letzten Aufeinandertreffen bei der EM 2021 kam man in München nicht über ein knappes 2:2 hinaus und zitterte sich so ins Achtelfinale. Außerdem konnte man seit drei Spielen nicht gegen die Ungarn gewinnen. Gegen die Schweiz sah Ungarn jedoch weitestgehend nicht gut aus und startete mit einer 1:3 Niederlage in das Turnier.
Gewinnt man gegen Ungarn und die Schweiz schlägt gleichzeitig Schottland, geht es beim letzten Gruppenspiel um den wichtigen ersten Platz in der Gruppe im direkten Duell mit der Schweiz. Für Deutschland gilt es den Schwung aus dem ersten Spiel und der Stimmung im Land mitzunehmen, keine unnötige Spannung in die Spiele zu bringen und ihre Qualitäten auf dem Platz zu beweisen. Funktioniert das, kann es für die deutsche Nationalmannschaft im eigenen Land weit gehen.
Pressingopfer, Halbraum, asymmetrischer Aufbau – was reden die Kommentatoren da?
Manche Sprüche und Phrasen von Freunden, Kommentatoren oder Experten können für unangenehme Nachfragen oder Verwirrung sorgen. Hier werden nun einige gebräuchliche Formulierungen erklärt, sodass du schon bald selbst damit um dich werfen kannst.
Pressingopfer – Hat die gegnerische Mannschaft den Ball, läuft die verteidigende Mannschaft im Normalfall an. Das heißt, sie sprinten auf den Ballführenden drauf und geben ihm Druck. Oft haben Mannschaften in ihrem taktischen Matchplan eine Schwachstelle in der gegnerischen Mannschaft ausgemacht. Ist das ein einzelner Spieler, wird dieser oft als Pressingopfer bezeichnet. Dieser wird dann oft im Spielaufbau freigelassen, damit er den Ball bekommt und man anschließend maximale Druck auf ihn ausüben kann.
Halbraum - Im Fußball bezeichnet der Begriff „Halbraum" einen Bereich auf dem Spielfeld, der sich zwischen dem Zentrum und den Seitenlinien befindet. Insgesamt ist der Halbraum ein strategisch bedeutender Bereich auf dem Fußballfeld, der oft von klugen Spielern genutzt wird, um die gegnerische Verteidigung zu durchbrechen oder Chancen zu kreieren. Seine Positionierung zwischen Zentrum und den Flügeln macht ihn zu einem vielseitigen Raum für taktische Spielzüge und Kombinationen.
Asymmetrischer Aufbau - Im Fußball bezieht sich der Begriff "asymmetrischer Aufbau" auf eine taktische Spielweise, bei der die Spieler einer Mannschaft nicht symmetrisch oder gleichmäßig über das Spielfeld verteilt sind. Stattdessen gibt es eine bewusste
Ungleichverteilung von Spielern auf verschiedenen Positionen und Seiten des Spielfelds. Dies geschieht in der Regel aus taktischen Gründen, um bestimmte Vorteile zu erzielen oder um die gegnerische Verteidigung zu verwirren. Als Beispiel kann man sich die Außenverteidiger im Spiel anschauen. In einem symmetrischen Spielaufbau würde sich beide auf derselben Höhe befinden. Durch die asymmetrische Positionierung verschiebt sich das gesamte Spiel bzw. die Positionierung der eigenen Spieler.
Zwischen den Linien – Was bedeutet es, wenn sich jemand gut zwischen den Linien bewegt? Wenn jemand sich gut zwischen den Linien bewegt im Fußball, bedeutet das, dass diese Person geschickt und effektiv Räume zwischen den verteidigenden Linien der gegnerischen Mannschaft nutzt.
6er/ 8er/ 10er - Im Fußball werden die Nummern 6, 8 und 10 verwendet, um spezifische Positionen und Rollen auf dem Spielfeld zu beschreiben. Der Sechser (6) ist ein defensiver Mittelfeldspieler, der vor der Abwehr agiert und hauptsächlich für die Balleroberung und das Verteilen des Spielaufbaus aus der Tiefe verantwortlich ist. Er sichert die Defensive ab und initiiert Angriffe durch präzise Pässe oder schnelles Umschalten. Andrich oder auch Groß und Emre Can sind typische Sechser. Der Achter (8) hingegen ist ein zentraler Mittelfeldspieler, der sowohl defensiv als auch offensiv agiert. Er unterstützt das Team in beiden Richtungen des Spielfeldes und fungiert als Bindeglied zwischen der Abwehr und dem Angriff. Der Achter zeichnet sich durch seine Fähigkeit aus, sowohl defensive Aufgaben wie das Unterbrechen von Angriffen des Gegners als auch offensive Aufgaben wie das Verteilen von Bällen und das Schaffen von Torchancen zu übernehmen. Beispiele für solche Spieler sind Toni Kroos von Real Madrid und Kevin De Bruyne von Manchester City. Der Zehner (10) ist ein offensiver Mittelfeldspieler, der oft als Spielmacher oder kreativer Kopf im Team fungiert. Diese Spieler sind bekannt für ihre technischen Fähigkeiten, ihre Spielübersicht und ihre Fähigkeit, entscheidende Pässe zu spielen oder selbst Tore zu erzielen. Sie orchestrieren oft das Spiel ihres Teams und sind für das Erstellen von Spielen und das Schaffen von Torchancen verantwortlich. Wirtz, Musiala und Gündogan können diese Position alle hervorragend ausfüllen.
4-2-3-1, was ist das? – Es handelt sich hier um Formationen der Mannschaften. Dabei beschreibt die Aneinanderreihung der Zahlen die Spieler von vorne nach hinten auf dem Platz. Beim 4-2-3-1 gibt es also 4 Verteidiger, 2 defensive Mittelfeldspieler davor, dann 3 offensive Mittelfeldspieler und ein Stürmer. Jetzt kommt vielleicht die Frage „Aber 4 + 2 + 3 + 1 ist doch 10 und auf dem Platz müssen elf Leute stehen?“. Das stimmt. Der Torhüter wird in den meisten Aufzählungen der Formation nicht aufgezählt, da kaum eine Mannschaft wohl ohne Torhüter spielen würde. Die Angabe der Formation kann es sowohl für die Defensive als auch für die Offensive geben. Dabei kann es auch Änderungen geben. So kann ein 5-3-2 in der Defensive zu einem 3-5-2 in der Offensive werden. Hier ist die Positionierung der Schienenspieler auf den Außenbahnen entscheidend. Was das ist, lest ihr im nächsten Punkt.
„Schienenspieler, ich dachte die spielen auf Rasen?“ – Bei Formationen, die in der Defensive 5 Verteidiger haben, gibt es oft keine „richtigen“ Flügelspieler. Hier kommt der Schienenspieler ins Spiel. Das ist ein Außenspieler, der bei gegnerischem Ballbesitz einen Außenverteidiger gibt und nach Ballgewinn im eigenen Ballbesitz dann einen Außenstürmer spielt. So läuft er das ganze Spiel auf seiner Seite auf und ab, als würde er sich auf Schienen bewegen. Weiter Bezeichnungen dafür sind Joker oder Läufer.
„Der Joker sticht“ – Diesen Satz hört man vor allem in der zweiten Halbzeit und oft in der Schlussphase eines Spiels. Im Fußball bezeichnet der Begriff "Joker" einen Spieler, der von seinem Trainer eingewechselt wird, um das Spiel zu beeinflussen oder eine spezifische Rolle zu erfüllen. Der Joker kommt üblicherweise während des laufenden Spiels für einen anderen Spieler ins Spiel und kann durch seine Einwechslung taktische Veränderungen oder frische Impulse bringen. Der Begriff "Joker" stammt ursprünglich aus dem Kartenspiel und bezieht sich auf eine Person oder Sache, die überraschend oder unerwartet ins Spiel gebracht wird, um einen Vorteil zu erlangen. Im Fußball kann ein Joker beispielsweise eingewechselt werden, um das Spieltempo zu erhöhen, besondere Fähigkeiten zu nutzen (z.B. Geschwindigkeit, Technik, Torschuss), defensive Stabilität zu bieten oder das Ergebnis zu sichern. Joker können entscheidend sein, um Spiele zu drehen oder in entscheidenden Momenten den Unterschied zu machen. Im Eröffnungsspiel gegen Schottland war Füllkrug beispielsweise ein Joker, der zusätzlich noch getroffen hat. Im Zuge eines Treffers eines Jokers fällt oft noch der Satz „da hat der Trainer ein goldenes Händchen bewiesen“.
Die Neugierde und die Fragen, die während internationaler Turniere wie einer Europameisterschaft entstehen, sind nicht nur Ausdruck der Faszination für das Spiel, sondern bieten auch eine Chance für jeden, sein Verständnis zu vertiefen. Indem wir uns mit den grundlegenden Fragen zu Spielern, Taktiken und Trainerentscheidungen auseinandersetzen, können wir nicht nur aktiv am Fußballgeschehen teilhaben, sondern auch unsere Leidenschaft für diesen Sport intensivieren. Jetzt seid Ihr bereit, nicht nur zuzuhören, sondern bei der nächsten Diskussion selbstbewusst mit fundiertem Fachwissen zu glänzen und das gemeinsame Fußballerlebnis noch mehr zu genießen.
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