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Wie stehen die Chancen für die deutsche Nationalmannschaft?

Die bevorstehende Europameisterschaft bietet für die deutsche Nationalmannschaft eine spannende Gelegenheit, nach den unter der Erwartung gebliebenen Leistungen bei den letzten großen Turnieren sich im Rampenlicht des europäischen Fußballs zu etablieren. Spätestens nach dem Sieg gegen die Franzosen durch das schnellste Länderspieltor der DFB-Geschichte von Youngster Florian Wirtz und den, nach Musiala-Vorlage einschiebenden Kai Havertz tobt in Deutschland wieder die Sommermärchen-Euphorie. Daran konnten auch die letzten beiden durchwachsenen Tests vor Turnierstart nichts ändern.

Womit können wir jedoch rechnen? Mit dieser Frage trifft man sogar bei selbsternannten Experten auf kontroverse Meinungen. Was sich eindeutig sagen lässt ist, dass der Erfolg der deutschen Nationalmannschaft von verschiedenen Faktoren abhängig sein wird, die wir im Folgenden erläutern:

Die taktische Ausrichtung

Julian Nagelsmann, bekannt für seine innovativen taktischen Ansätze und Flexibilität, hat bereits in der Bundesliga und Champions League bewiesen, dass er in der Lage ist, aus jungen Talenten und erfahrenen Spielern ein harmonisches Team zu formen. Unter seiner Führung könnte die Nationalmannschaft in einem variablen 3-4-3 oder 4-2-3-1 auflaufen, je nach Gegner und Spielsituation. Diese taktische Flexibilität erlaubt es der Mannschaft, sich dynamisch auf verschiedene Spielverläufe einzustellen und sowohl defensiv als auch offensiv flexibel zu agieren. Dass genau dieser Vorteil der taktischen Flexibilität Gold wert sein kann, bewies man bereits im letzten Test gegen die Griechen.

In erster Linie muss das Team von Trainer Julian Nagelsmann taktische Geschlossenheit verkörpern. In der jüngeren Vergangenheit waren zu häufig keine klare Marschroute der Mannschaft zu erkennen. Die Fans fordern abgerundete Auftritte ohne Leistungsschwankungen. Einstudierte Abläufe, wie beim Führungstor gegen die Equipe tricolore im Mai, ermutigen die deutschen Fans.

Wusiala

Besonders im Fokus stehen die beiden Youngster Jamal Musiala und Florian Wirtz. Beide haben in den letzten Jahren durch ihre Leistungen in der Bundesliga und auf internationaler Bühne beeindruckt. 

Musiala, der durch seine Dribbelstärke und Spielintelligenz besticht, könnte im offensiven Mittelfeld oder auf den Flügeln eingesetzt werden, während Wirtz als zentraler Spielmacher agieren und das Spielgeschehen lenken könnte. 

Dieses Duo bringt nicht nur jugendliche Frische, sondern auch eine gewisse Unberechenbarkeit ins Spiel der Deutschen, die für die Gegner schwer zu verteidigen sein wird. Um die ganze Hoffnung auf die Schultern dieser beiden Talente zu legen, ist es jedoch noch zu früh. Gerade diese beiden Spieler brauchen besondere Freiheiten und tatkräftige Unterstützung, beispielsweise von Champions-League-Sieger Toni Kroos oder Kapitän Ilkay Gündogan. Schafft man für die beiden Youngster das geeignete Umfeld können sie Momente nutzen und Spiele entscheiden. Ob Wusiala uns nun in die Endrunde schießt oder nicht, eins ist sicher: Ist einer der beiden Individualisten am Ball schauen sie genau hin. Was diese beiden mit der Kugel können erinnert an das brasilianische Joga Bonito.

Die Teamchemie

Dass erfahrene Spieler wie Mittelfeldmotor Leon Goretzka und Abwehrmonster Mats Hummels, der nebenbei erwähnt mal eben sowohl im Champions-League-Halbfinalhin- und rückspiel seines BVBs zu Man of the Match ernannt wurde, es nicht in den finalen Kader der deutschen Nationalmannschaft geschafft haben, deutet schon darauf hin, dass es dem Team nicht an individueller Klasse mangeln kann. 

Julian Nagelsmanns Herausforderung wird es sein, die richtige Balance zwischen jungen Talenten und erfahrenen Spielern zu finden. Um konkret zu werden: Zwischen Leverkusens Florian Wirtz (21) und Bayern Münchens Manuel Neuer (38) klaffen 17 Jahre Altersunterschied. Kurz bevor Manuel Neuer mit der Nationalmannschaft den Weltmeistertitel nach Deutschland brachte, feierte Florian Wirtz seinen elften Geburtstag. Doch auch gerade diese Mischung aus Erfahrung und Jugend könnte der Schlüssel zum Erfolg sein. Regelrechte Spätzünder wie Niklas Füllkrug und Robert Andrich, aufstrebende Shootingstars wie Jamal Musiala und Florian Wirtz, erfahrene Führungsspieler wie Manuel Neuer und Thomas Müller. Diese einzelnen heterogenen Individualisten müssen einander ergänzen und eine homogene Einheit bilden. Etliche Male zeigten insbesondere Welt- und Europameisterschaften so häufig, dass die mannschaftliche Geschlossenheit und der Teamgeist die Schlüssel zum Erfolg sind. 

Mit Julian Nagelsmann stellt der DFB zwar den jüngsten Trainer aller EM-Teilnehmer, aber auch einen, der in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, dass er in der Lage ist, ein starkes Kollektiv zu formen, in dem jeder Spieler seine Rolle kennt und sich für das Team aufopfert. Diese Mentalität könnte entscheidend sein, um in den entscheidenden Momenten des Turniers zu bestehen.

Unser letzter Mann

Gerade in den letzten Tagen vor Turnierstart kam nochmals unnötige Unruhe in die ohnehin schon aufgeladenen Torhütersituation der Nationalmannschaft. Wie schon so oft dreht sich alles um die Personalien Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen. Zugegeben glänzt der Stammtorhüter des FC Barcelonas seit Jahren auf seiner Position zwischen den Pfosten. Nicht ohne Grund wurde er 2023 zum besten Spieler der spanischen La Liga gewählt. Im gleichen Zeitraum fiel die Nummer 1 des FC Bayerns fast ein ganzes Jahr aufgrund eines Unterschenkelbruchs aus, den er sich beim Skifahren zugezogen hat. 

Nach diesem Vorfall stand für viele deutsche Fußballfans fest, dass der Schlussmann der Blaugrana sein erstes großes Turnier als Stammtorhüter der Nationalmannschaft spielen wird. Jedoch verletzte sich ter Stegen im Jahreswechsel 2023/24 ebenfalls und verpasste 19 Spiele seiner Mannschaft am Stück.

Seit dieser ausgleichenden Verletzung war mit einem harten Kampf, um den Platz des Stammtorhüters zu rechnen. Beide Torhüter können mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten glänzen. Während Neuer durch seine herausragenden Reflexe, seine Erfahrung und seine Fähigkeit, das Spiel von hinten zu lenken, punktet, überzeugt ter Stegen mit exzellenten Paraden und einem außergewöhnlichen Spielaufbau. 

Spannend wird es dann, wenn man die letzten Auftritte der beiden Torhüter betrachtet. Marc-André ter Stegen pariert tadellos, wohingegen die Stimmen gegen Manuel Neuer lauter werden. Dieser patzte sowohl am letzten Bundesligaspieltag als auch im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid. Ausgerechnet im letzten Test gegen die Griechen verspringt Manuel Neuer ein Schuss des Düsseldorfer Angreifers und Torschützenkönig der zweiten Bundesliga Christos Tzolis so sehr, dass Giorgos Masouras nur noch abstauben muss.

Wie bereits die vorherigen Male ernannte, zum Unmut vieler deutscher Fußallfans, Julian Nagelsmann Manuel Neuer zum Sieger im Kampf um den Platz im deutschen Tor. Nüchtern betrachtet muss sich dennoch jeder ter Stegen Befürworter eingestehen, dass man sich mit Manuel Neuer auf der Torhüterposition keine Sorgen machen muss. Unzählige Male, so auch im Spiel gegen die Griechen, zeigte die deutsche Nummer 1, dass er das Team mit glänzenden Paraden retten und der entscheidende Unterschied auf dem Weg zum Titel sein kann.

Der Sommermärchen-Bonus

Die Vorfreude auf die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland ist greifbar, und die Erwartungen sind hoch. Ein wesentlicher Vorteil, den die deutsche Nationalmannschaft genießen wird, ist der Heimvorteil – ein Faktor, der sich bereits beim Sommermärchen 2006 als unbezahlbar erwiesen hat.

Damals, vor 18 Jahren, erlebte die Nation ein unvergleichliches Fußballfest, das weit über den Sport hinausging. Die Euphorie der Fans, die elektrisierende Atmosphäre in den Stadien und die nationale Begeisterung trugen dazu bei, dass die deutsche Mannschaft über sich hinauswuchs. Das Team profitierte von der unermüdlichen Unterstützung der Fans, die bei jedem Spiel für Gänsehautmomente sorgten und die Spieler zu Höchstleistungen antrieben.

Ein ähnlicher Effekt wird auch bei der bevorstehenden EM erwartet. Spielen in vertrauten Stadien, unterstützt von leidenschaftlichen Anhängern, kann der Mannschaft einen entscheidenden psychologischen und physischen Schub verleihen. Die Nähe zu den Fans schafft eine besondere emotionale Verbindung, die in kritischen Spielsituationen den Unterschied ausmachen kann. Die Vorfreude und der Enthusiasmus sind deutlich zu spüren. Das Land ist bereit, seine Mannschaft zu unterstützen und ein weiteres Sommermärchen zu erleben. Sollte es Deutschland gelingen, diese Energie auf dem Platz zu nutzen, könnte die Heim-EM 2024 nicht nur sportlich, sondern auch emotional zu einem historischen Ereignis werden. Die Bühne ist bereitet, und das Team hat die Chance, mit der Unterstützung der Nation im Rücken, Großes zu erreichen.

Übrigens: Die letzte EM In Deutschland fand 1988 in der damaligen BRD statt. Damals hieß der Sieger Niederlande. 

Fazit

Um eine ehrliche Antwort auf die zuvor gestellte Frage „Womit können wir jedoch rechnen?“ zu geben, lässt sich nur eine eindeutige Antwort finden:

Wir rechnen mit der Überraschungstüte-DFB. Findet die Mannschaft früh in die Spur und schafft es Konstanz in eine positive Chancenverwertung zu bringen, dann stehen ihnen alle Türen offen. Sollte man sich von anfänglichen Schwierigkeiten aus dem Konzept bringen lassen, wird der Weg sehr steinig sein.

Die deutsche Nationalmannschaft hat unter Julian Nagelsmann das Potenzial, bei der Europameisterschaft weit zu kommen. Mit einer Mischung aus taktischer Flexibilität, jungem Talent und erfahrenen Führungsspielern, einer starken mannschaftlichen Geschlossenheit und den eigenen Fans im Rücken stehen die Chancen gut, dass Deutschland wieder eine bedeutende Rolle im Turnier spielt. Die Erwartungen sind hoch, und die Fans dürfen gespannt sein, wie sich das Team auf der großen Bühne präsentiert.